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Wiki: Vorfälligkeitsentschädigung.

Was Sie als Kreditnehmer wissen sollten.

Die Vorfälligkeitsentschädigung bei Verbraucher- und Immobilienkrediten.

Wer Geld übrig hat, sollte zunächst laufende Kredite vorzeitig zurückzahlen: Die Rendite ist hier am höchsten. Allerdings dürfen Banken in diesem Fall eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Diese kann vor allem bei einer Immobilienfinanzierung unangenehm hoch ausfallen. Wir erklären, was eine Vorfälligkeitsentschädigung ist, wann sie anfällt, wie hoch die Kosten sind und wann Kreditnehmer die Kosten nicht fürchten müssen.

Warum gibt es eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Die rechtlichen Grundlagen für die Vorfälligkeitsentschädigung finden sich in § 502 Abs. 1 BGB. Bei Krediten mit Sollzinsbindung dürfen Banken demnach „im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden“ verlangen.

Banken machen mit der Vorfälligkeitsentschädigung letztlich einen Refinanzierungsschaden geltend. Schließlich hat das Institut dem Darlehensnehmer Geld für längere Zeit geliehen. Fließt dieses Geld früher als geplant zurück, muss die Bank ein Ersatzgeschäft tätigen. Ist dies nur zu aus Sicht der Bank schlechteren Konditionen möglich, entsteht somit ein Zinsschaden. Dieser soll durch die Vorfälligkeitsentschädigung ausgeglichen werden.

Vorfälligkeitsentschädigung bei Verbraucherkrediten gedeckelt.

Bei Verbraucherkrediten (also in der Regel bei jedem gewöhnlichen Ratenkredit ohne Zweckbindung) ist die Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 502 Abs. 3 BGB gedeckelt. Banken dürfen hier maximal 1,0 % des vorzeitig abgelösten Saldos verlangen. Läuft der ursprüngliche Darlehensvertrag zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung noch maximal ein Jahr, reduziert sich diese Obergrenze auf 0,5 % des vorzeitig abgelösten Saldos.

Viele Banken bezeichnen die in Preisverzeichnissen ausgewiesene Entschädigungsregelung als „gesetzliche Vorfälligkeitsentschädigung“. Tatsächlich definiert der Gesetzgeber lediglich eine Obergrenze. Banken sind keinesfalls verpflichtet, eine solche Entschädigung in Rechnung zu stellen. Auch der vollständige Verzicht auf jegliche Entschädigung ist möglich.

Die Kündigung von Verbraucherkrediten ist gemäß § 500 Abs. 1 BGB jederzeit möglich. Der Gesetzgeber verbietet Kündigungsfristen von mehr als einem Monat.

Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobilienkrediten.

Bei Immobilienkrediten verhält es sich komplizierter. Zunächst ist eine Kündigung hier nicht ohne Weiteres möglich. § 500 Abs. 2 BGB legt für Immobiliendarlehen mit Zinsbindung fest, dass eine vorzeitige Erfüllung nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses möglich ist.

Eine solche Kreditkündigung aus berechtigtem Interesse ist etwa möglich, wenn die finanzierte Immobilie verkauft wird. Auch, wenn der Darlehensnehmer eine Aufstockung der Beleihung (etwa zu Sanierungs- oder Ausbauzwecken) beantragt und die Bank dies ablehnt, kann ein berechtigtes Interesse vorliegen.

Kein berechtigtes Interesse und damit auch kein Kündigungsrecht besteht, wenn der Kreditnehmer plötzlich über zusätzliche Mittel verfügt, um die Restschuld deutlich vor dem Ende der Zinsbindungsfrist zu erfüllen. Wer ohne berechtigtes Interesse kündigt, muss mit einer hohen Vorfälligkeitsentschädigung rechnen. Banken können diese selbst festlegen.

Bei einer Kündigung aus berechtigtem Interesse gelten verschiedene Regeln für die Festlegung des Zinsschadens. Ohne berechtigtes Interesse müssen Kreditnehmer – falls die Bank der Kündigung zustimmt – mit einem Vorfälligkeitsentgelt bis hin zum doppelten des der Bank tatsächlich entstehenden Schadens rechnen.

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Berechnung und Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.

Eine einheitliche Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gibt es nicht. Auch eine gesetzliche Grundlage gibt es nicht. Die Vorgaben zur Berechnung der Vorfälligkeitszinsen basieren vorwiegend auf der Rechtsprechung.

Banken müssen seit dem 31.03.2016 allerdings im Darlehensvertrag über die Berechnungsmethode informieren. Zulässig sind laut ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Aktiv-Passiv-Methode und die Aktiv-Aktiv-Methode.

Bei beiden Varianten spielen die Restlaufzeit des Darlehens, der Vertragszins, das aktuelle Zinsniveau und die Höhe der Restschuld eine Rolle bei der Berechnung der Kosten. In der Praxis dürften viele Kreditnehmer einen Vorfälligkeitsrechner benötigen, um die Berechnung der Bank nachzuvollziehen. Generell gilt: Mit der Berechnung der Bank müssen sich Darlehensnehmer nicht zwingend zufriedengeben. Es kann sich lohnen, über die Höhe der Entschädigung zu verhandeln.

Aktiv-Passiv-Methode.

Die meisten Banken setzen die sogenannte Aktiv-Passiv-Methode ein. Dabei werden zwei Zahlungsströme gegenübergestellt. Der erste Zahlungsstrom ermittelt die Zinseinnahmen der Bank aus dem laufenden Darlehensvertrag, wenn dieser bis zur Fälligkeit bzw. zum Zeitpunkt der nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit erfüllt worden wäre. Davon abgezogen werden die Opportunitätskosten – also die Erträge, die die Bank mit der Anlage des aus ihrer Sicht im Darlehensvertrag gebundenen Geldes am Kapitalmarkt erzielen könnte.

Vereinfacht gesagt ermittelt die Aktiv-Passiv-Methode also die Differenz zwischen den erwarteten Vertragseinnahmen der Bank und den Einnahmen nach einer vorzeitigen Rückzahlung der Darlehenssumme. Für Kreditnehmer bedeutet dies: Die Vorfälligkeitsentschädigung fällt umso höher aus, je größer die Differenz zwischen dem Vertragszins und dem aktuellen Zinsniveau am Kapitalmarkt ist. Eine lange Restlaufzeit führt ebenfalls zu höheren Entschädigungen.

Die Rechtsprechung hat weitreichend festgelegt, mit welchen Kapitalmarktzinsen der Darlehensgeber kalkulieren darf. Banken müssen sich laut BGH auf die Renditen für Hypothekenpfandbriefe stützen. Die Verwendung anderer Referenzzinssätze (zum Beispiel Bundesanleihen) ist nicht zulässig.

Die Rechnung wird um einige weitere Komponenten ergänzt. Zahlt der Kreditnehmer den Baukredit vorzeitig zurück, entfällt für die Bank das Adressenausfallrisiko. Dies muss bei der Berechnung ebenso berücksichtigt werden wie die eingesparten Verwaltungskosten. Bei der Berechnung können weitere Aspekte berücksichtigt werden. Dies ist zum Teil eine Frage des Verhandlungsgeschicks. Dies gilt etwa für die sogenannte Margenerstattung. Im vereinbarten Vertragszins ist eine Gewinnmarge enthalten. Diese kann die Bank bei einer frühzeitigen Rückzahlung teilweise erstatten. Obligatorisch ist dies jedoch nicht.

Rechte auf Sondertilgung und Tilgungssatzänderung drücken Entschädigung.

Sehr wichtig sind vertraglich vereinbarte Sondertilgungsrechte. Die Bank muss bei einer Kündigung aus berechtigtem Interesse davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer seine im Kreditvertrag eingeräumten Optionen auf Sondertilgungen vollständig genutzt hätte. Dasselbe gilt für ein vertraglich vereinbartes Recht auf Tilgungssatzänderungen. Die Bank muss bei der Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung davon ausgehen, dass Darlehensnehmer diese in maximalem Umfang ausgeübt hätten. Der Zinsschaden wird dann für einen Tilgungsverlauf mit maximalem Tilgungssatz berechnet, wodurch die Entschädigung geringer ausfällt.

Prinzipiell sind deshalb Darlehensverträge mit dem Anspruch auf hohe Sonderzahlungen sowie weitreichender Tilgungssatzänderung empfehlenswert. Allerdings verlangen Banken für diese Option einen Zinszuschlag.

Aktiv-Aktiv-Methode.

Bei dieser Berechnungsmethode wird unterstellt, dass die Bank die vorzeitig zurückgezahlte Darlehenssumme nicht am Kapitalmarkt, sondern in einen anderen Immobilienkredit an einen neuen Kunden investiert hätte. Als Referenzzins dienen dann nicht die Zinsen für Hypothekenpfandbriefe, sondern die aktuellen Marktzinssätze für Baugeld. Auch hier gilt: Sind diese Zinssätze seit der Auszahlung des Kredits gesunken, erleidet die Bank einen Zinsschaden.

Risiko- und Verwaltungskosten sowie Margenerstattung spielen bei dieser Methode in der Regel keine Rolle. Der Grund: Diese Posten werden hypothetisch vom gekündigten auf den neu abgeschlossenen Darlehensvertrag übertragen. 

Wann keine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. 

Banken haben nicht immer ein Anrecht auf eine Vorfälligkeitsentschädigung. So steht Kreditnehmern nach zehn Jahren Darlehenslaufzeit ein ordentliches Kündigungsrecht zu. Dies gilt auch, wenn eine über zehn Jahre hinausgehende Zinsbindung vereinbart wurde.

Nach Ablauf von zehn Jahren lässt sich das Darlehen dann trotzdem mit einer sechsmonatigen Kündigungsfrist kündigen – und zwar ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Die Zehnjahresfrist beginnt mit dem Tag der vollständigen Auszahlung. Bei der Berechnung des Zinsschadens muss die Bank davon ausgehen, dass Kreditnehmer dieses Kündigungsrecht ausüben.

Vom Kredit zurücktreten: Nichtabnahmeentschädigung droht.

Ähnlich wie die Vorfälligkeitsentschädigung wird die sogenannte Nichtabnahmeentschädigung berechnet. Diese Entschädigung fällt an, wenn Darlehensnehmer einen zugesagten Immobilienkredit nach Ablauf der gesetzlichen Widerrufsfrist doch nicht in Anspruch nehmen. Die Bank kann die Nichtabnahmeentschädigung auch auf nicht in Anspruch genommene Teile des Kredits sowie auf Forward-Darlehen anwenden. Die Berechnung erfolgt ebenso nach Aktiv-Aktiv-Methode oder Aktiv-Passiv-Methode.

Fragen & Antworten rund um die Vorfälligkeitsentschädigung.

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